Air Traffic Management (ATM), im Deutschen auch Flugverkehrsmanagement genannt, ist eine Kombination dreier Elemente, und zwar Air Control, Air Traffic Flow Management und Aeronautical Information Services.

Air Control stellt die Instanz innerhalb der Luftfahrt dar, welche für die Kollisionsfreiheit in der Luft zwischen Flugobjekten und deren sicheren Lotsung zu den gewünschten Flughäfen verantwortlich ist. Das Air Traffic Flow Management ist ein System, welches Daten bezüglich eines Fluges innerhalb von Europa vor dem Flug in einem zentralen Verwaltungsort sammelt und die Flüge, basierend auf den gesammelten Daten, kalkuliert, sodass eine bestimmte Maximalmenge an Flügen einem Fluglotsen zugeteilt wird. Dies ist notwendig, da Fluglotsen aus sicherheitstechnischen Gründen eine Maximalgrenze von zu koordinierenden Flugobjekten haben, um mit der nötigen Wachsamkeit arbeiten zu können. Die nötigen Informationen, welche die Nutzer der Lufträume benötigen, werden durch das Aeronautical Information System bereitgestellt. Dieses beinhaltet folgende Attribute: Sicherheit, Navigation, Technik, Administration oder legale Angelegenheiten bzw. dessen Aktualisierungen. Diese Informationen können beispielsweise in Form von Karten mit dargestellten Flugrouten visualisiert werden (European Organisation for the Safety of Air Navigation o. J.).

Safety Management mithilfe des Automatic Safety Monitoring Tool

Das Automatic Safety Monitoring Tool (ASMT) ist ein von EUROCONTROL und dem Maastricht Upper Area Control Center entwickeltes Überwachsungstool, welches Nutzer bei der Sammlung und Analyse von Sicherheitsdaten unterstützt. Dabei kontrolliert das ASMT nahezu in Echtzeit Radaraufzeichnungen, Flugpläne und Warnsignale von Systemen. Das ASMT stellte dabei das am meist fortgeschrittene Tool für Automatic Safety Data Gathering im Jahr 1999 dar (Pozzi et al. 2011, S. 2-3).

Das ASMT erfasst Daten aus sieben Arten von sicherheitsrelevanten Ereignissen und speichert dessen Vorkommnisse kurz vor oder nach dem Ereignis innerhalb der Datenbank. Vier dieser Ereignisse werden aus eigenen Modulen des ASMT erfasst. Dabei handelt es sich um Luftraumpenetration, Höhenabweichung, Rate der abgeschlossenen Flüge und Mindestsicherheitsabstand. Drei weitere extern erhaltene Ereignisse beinhalten Warnsignale aus Systemen, die aus dem Air Traffic Control empfangen werden, Näherungsalarme und den ACASRA Alert (Pozzi et al. 2011, S. 3).

Die aufgezeichneten Daten des ASMT können, wie bereits beschrieben, Nutzern bei der Sicherheitskontrolle behilflich sein, sich zielgerichtet auf bestehende Probleme wie bei der Identifikation von Gefahren, die Erhaltung eines akzeptablen Risikoniveaus etc. zu konzentrieren. Verbesserungen können beispielweise in der Sicherungs-Management- Effizienz (SMS Efficiency), der Gestaltung der Luftwege (Airspace/Airways Structure Design), der Sektorkonfiguration (Sector Configuration) oder dem Vorschrifts-Management (Regulation/Flow Management) erzielt werden.

Das ASMT liefert letztlich drei Arten von Ergebnisse nach der Aufzeichnung. Zunächst werden geografische und Vorhersagekarten (Destiny Maps) mit der Aufkommensicherheitsverteilung ausgegeben. Des Weiteren werden zeitbasierte Trends dazu benutzt, um unterschiedliche Variationen von Sicherheitsebenen zu kontrollieren. Das dritte Ergebnis, welches das ASMT liefert, ist eine Korrelation zwischen der Kollisionsgefahr (Metric Risk Of Collusion) und der Flughöhe (Flight Level) (EUROCONTROL 2012).

Die gewonnenen Daten durch ASMT können bei der Entscheidungsfindung erheblichen Mehrwert bieten. Nach Pozzi et al. ist es erforderlich, eine Data Analyst-Perspektive einzuführen, um die Aufmerksamkeit von der Dynamik einzelner Geschehnisse auf die entstehenden statistischen Charakteristiken von großen Datenmengen zu verschieben. Dieser ist dabei auf Analysemethoden und Analysetechniken ausgerichtet (Pozzi et al. 2011, S. 4).

Bezugnahme zu Big Data-Technologien und -Analysen

Potenziale zur Anwendung von Big Data-Analysen lassen sich zudem an dieser Stelle ebenfalls finden. Die gesammelten Daten aus dem ASMT, die nahezu in Echtzeit stattfinden, bieten diesbezüglich eine hervorragende Grundlage.

Wie bereits in Kap. 3.4.1 beschrieben, stellt das ASMT ein Tool dar, welches Echtzeitanalysen und die Sammlung unterschiedlicher Daten unterstützt. Auf dieser Grundlage ist es zunächst fraglich, ob es sich nicht selbst beim ASMT um eine Big Data-Technologie handelt. Kriterien, welche dafürsprechen, wären unter anderem dessen schnelle Verarbeitung von unterschiedlichen Daten als auch die Möglichkeit, größere Datenmengen zu handhaben.

Durch Big Data-Analysen können, wie unter Kap. 2.3 zu finden, vorausschauende Ereignisse generiert oder neue Erkenntnisse durch eine detailreiche Analyse entdeckt werden. Das ASMT bietet an dieser Stelle ähnliche Eigenschaften.

Jedoch sollte, wie in Kap. 2.3 aufgezeigt, bedacht werden, ob mithilfe von Big Data- Analysen, insbesondere durch vorausschauende Analysen aus den Predictive Analytics, nicht bessere bzw. schnellere Ergebnisse möglich wären. Sehr wahrscheinlich würde es sich dabei um Veränderungen im Millisekundenbereich handeln, was allerdings bei einer Echtzeitüberwachung ausschlaggebend wäre.

Zwar kann das ASMT sieben Arten von Daten/Informationen verwalten und analysieren, aber auch hier bleibt die Frage offen, ob nicht weitere Datenquellen für eine detailreichere Analyse möglich wären. Bei Big Data, wie in Kap. 2.1 beschrieben, handelt es sich schließlich im Charakteristikum „Vielfalt“ um eine schwer definierbare Menge an unterschiedlichen Daten. Was „Richtigkeit“ und „Geschwindigkeit“ betrifft, würden die vom ASMT aufgezeichneten Daten allerdings die Kriterien erfüllen. Das „Volumen“ stellt ebenfalls ein relevantes Charakteristikum dar, welches an dieser Stelle nicht ganz gefasst werden kann.

Würde nun von Big Data-Analysen innerhalb des ATM gesprochen werden, insbesondere dem Safety Monitoring wie im Falle des ASMT, könnten aufgezeichnete Daten in hohem Maße gespeichert werden, um auf dessen Grundlage Flugrouten im Vorhinein zu bestimmen. Eine Annäherung zu dieser Vorstellung liefert eine Ausarbeitung im „Distributed Framework for Managing Aircraft Traffic“ von Nazini. Bei diesem Experiment wurden große Mengen an GPS-Daten von Flugzeugen aufgezeichnet und in ein Hadoop-System, wie in Kap. 2.2.1 beschrieben, eingebunden. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Aufzeichnungen unter anderem Zusammenstöße in der Luft reduziert und die Luftraumauslastungen optimiert werden können. Hierzu sollte erwähnt werden, dass das genannte System ebenfalls enorme Vorteile für Flughäfen bieten würde (M. Nazini 2016, S. 3671).

Nutzenpotenziale

Big Data-Analysen in der Sicherheitsüberwachung bieten durch die Möglichkeit, Echtzeitanalysen durchzuführen bzw. die Echtzeitanalyse auf kürzere Latenzzeiten zu reduzieren, ein erhöhtes Sicherheitsniveau. Ein besserer überwachter Luftraum würde zudem auch eine Entlastung für Fluglotsen bedeuten, woraus mit einer besseren Leistungsfähigkeit zu rechnen wäre. Die erhöhte Sicherheit, welche das Potenzial enthält, Flugunfälle zu reduzieren, würde aus ökonomischer Sicht ebenfalls positive Auswirkungen haben. Geringe Unfälle würden mit geringeren Ausgaben einhergehen und somit letztlich wirtschaftlichen Nutzen begünstigen. Auch der durch Unfälle erzeugte ökologische Schaden würde mit einer Verringerung von Unfällen minimiert werden, was ebenfalls für einen ökologischen Nutzen spricht. Wie anhand der Forschung von Nazini in Kap. 3.4.1.1 ersichtlich ist, sind die technischen Voraussetzungen wie Hadoop durchaus gegeben.

Performance Data Analysis and Reporting System

Das Performance Data Analysis and Reporting System (PDARS) wird trotz seines breiten Spektrums und seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten innerhalb der Flugsicherung in dieser Arbeit als ein Teilaspekt des ATM verstanden. Dies liegt in dessen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten innerhalb der ATM-Sicherheit, wie unter anderem der Störungs- bzw. Ereignisanalyse, der Luftraumoptimierung und der Analyse von Auswirkungen temporärer Luftraummodifikationen begründet (ATAC o. J.-a).

Das PDARS stellt ein von der Amerikanischen FAA und der National Aeronautics and Space Administration (NASA) ins Leben gerufene Projekt dar, welches die Analyse von aufgezeichneten Flugdaten erlaubt. Laut der Betreiberseite erlaubt die PDARS-Analyse- Software extrem hohe Datensätze zu handhaben und aus diesen relevante Informationen zu extrahieren, um in kürzester Zeit Nutzern der FAA operative Probleme aufzuzeigen (ATAC o. J.-a). Das Konzept von PDARS ist ein verteiltes, komponentenbasiertes System, welches eine End-zu-End-Datensammlung, Visualisierung, Reporting, Reduktion, Analyse sowie Archivierungsmöglichkeiten und Verteilung für Daten der Luftverkehrskontrolle (Air Traffic Control) und einige weitere Leistungen bietet (Nehl und Schade 2007, S. 4).

Die Konstruktion des PDARS lief unter dem Projektnamen „Aviation Safety Monitoring and Modeling“ und wurde 1999 fertiggestellt. PDARS wurde des Weiteren mit dem „NASA Administrator’s Award for turning Goals into Reality“ ausgezeichnet. Insbesondere wurde die Auszeichnung aufgrund der Integration von Technologien zur Datensammlung, zum Reporting und der Analyse in das PDARS verliehen (Browder et al. 2011, S. 6). Quellen, aus denen das PDARS Daten bezieht, entstammen aus dem National Traffic Management Log, den Traffic Flow Management Data und umfassenden Wetterinformationen. Des Weiteren werden ASDE-X-Daten in den Datensatz aufgenommen (Browder et al. 2011, S. 6).

Bei ASDE-X-Daten handelt es sich um Daten, welche bei der Verfolgung von am Boden operierenden Luftfahrzeugen entstehen (Browder et al. 2011, S. 10).

Bezugnahme zu Big Data-Technologien und -Analysen

Aufgrund der Beschreibung des PDAR-Systems kann angenommen werden, dass dieses auf einer Big Data-Technologie basiert. Die versprochene schnelle Bearbeitung von Suchanfragen mit der Kombination eines hohen Datenvolumens, wie oben erwähnt, lassen nicht zuletzt an die Eigenschaften von Big Data wie in Kap. 2.1 erinnern.

Allerdings sollte auch hinterfragt werden, ob es sich beim PDARS nicht selbst um eine Technologie handelt, welche eine Big Data-Plattform darstellt. Nicht zuletzt lässt sich diese Annahme mit dem gewarteten Datenarchiv des PDARS begründen. Dieses erlaubt unter anderem die Anwendung von Trendanalysen, Data Mining und statistische Analysen (Nehl und Schade 2007, S. 2). Wie in Kap. 2.3 genannt, bilden Data Mining-Methoden einen Teil der Big Data-Analysen. Auch Trendanalysen und statistische Analysen bilden Bestandteile des Predictive Analytics. Da diese Verfahren aus dem Data Mining oder dem Predictive Analytics auf Daten aus Big Data-Verwaltungssystemen wie beispielsweise Hadoop zugreifen, bestärkt sich zunächst die Annahme, dass es sich beim PDARS um eine Big Data-Plattform handeln könnte.

Basierend auf dem Paper von Nehl und Schade geht allerdings auch hervor, dass die Datenbestände auf Datenbanken von Oracle oder sogenannten ASCII Flat File-Datenbanken gelagert werden (Nehl und Schade 2007, S. 5). Da allerdings nicht klar hervorgeht, inwieweit es sich um relationale oder anderweitige Datenbanken handelt, kann auf dieser Grundlage keine sichere Antwort gegeben werden, inwieweit es sich um Technologien handelt, die Bezug zu Big Data haben. Jedoch wird die Annahme, dass es sich beim PDARS um eine Big Data-Technologie handelt, eingeschränkt.

Im Rahmen dieser Arbeit wird das PDARS als ein System wahrgenommen, welches das Potenzial hat, als eine Big Data-Technologie verstanden zu werden, allerdings nicht konkret als eine solche bezeichnet werden kann.

Nutzenpotenziale

PDARS bringt unterschiedliche Nutzen hervor. Einerseits lassen sich benötigte Daten und Informationen aufgrund der großen Datensammlung schneller als zuvor finden, was für eine schnellere Bearbeitung spricht. Andererseits lässt sich auch ein Anstieg der Produktivität verzeichnen. So erzeugt das PDARS im Vergleich zum ATAC, einem älteren System, 39 präzise Datensätze täglich, wohingegen zuvor höchstens 12 Datensätze jährlich durch das ATAC erzeugt wurden (Nehl und Schade 2007, S. 12-13).

Aus den genannten Vorteilen lassen sich wiederum Parallelen zu Potenzialen von Big Data-Lösungen wiederfinden. Da Big Data auch ein relativer Term ist und je nach Anwendungsfall verschieden interpretiert werden kann wie in Kap 2.1 erläutert, besteht die Möglichkeit, dass PDARS einen Ansatz darstellt zu dem, was mittels Big Data-Analysen möglich wäre.

2010 ergaben sich für das PDARS weitere Vorteile, wie etwa die Möglichkeit, den Zugriff auf PDARS und dessen Tools skalierbarer zu machen sowie die Kosten signifikant zu reduzieren (Browder et al. 2011, S. 10).

Aus den genannten Vorteilen lassen sich im Hinblick auf die erzielten Verbesserungen und die zukünftigen Prognosen folgende Nutzenpotenziale nennen. Durch die Annahme, dass durch die Nutzung von Hadoop und MapReduce eine weitere Kürzung der Latenzzeiten zu erwarten wäre, können weitere Potenziale in der Geschwindigkeit der Erzeugung von Datensätzen durch das PDARS liegen. Damit einhergehend würden durch Predictive Analytics-Verfahren wiederum präzisere Voraussagen getroffen werden, aus denen sich eine Effizienzsteigerung vermuten lässt. Insgesamt würde neben niedrigeren Kosten durch die Hadoop-Umgebung eine ausfallsichere Infrastruktur gegeben sein. Daten, welche durch die schnelle Verarbeitung, insbesondere durch In-Memory-Datenbanken, wie in Kap. 2.2.3 genannt, Echtzeit-Analysen begünstigen würden, beinhalten weiteres Potenzial, welches zudem auch zu einer Steigerung der Sicherheit führen könnte.

So wie bei der Zusammenführung der zu Boden und zu Luft verfolgten Luftfahrzeugdaten beim PDARS von einem „Big Picture“ gesprochen wurde, welches eine umfassende Darstellung der Verkehrs darstellt (Browder et al. 2011, S. 10), so können weitere tiefgreifende Analysen durch Big Data-Analysen möglich sein.